Rainer Schmalz-Bruns über Hans-Hermann Hartwich und die Stellung des Hamburger Instituts in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW)

Hans-Hermann Hartwich hatte von 1973 bis zu seiner Emeritierung 1995 den Lehrstuhl für Innenpolitik an der Universität Hamburg inne. 1982 bis 1988 war er Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft. Nach der deutschen Vereinigung übernahm er bis 1994 das Gründungsdekanat „Philosophie und Sozialwissenschaften“ an der Martin-Luther-Universität Halle an der Saale. Hartwich starb am 12. Oktober 2018, wenige Wochen vor seinem 90. Geburtstag.
Einen Beitrag zu Hans-Hermann Hartwich in der politischen Bildung hat Tilmann Grammes auf Politik100x100 veröffentlicht

Rainer Schmalz-Bruns ist Professor für Politische Ideengeschichte und Theorien der Politik an der Leibniz-Universität Hannover. Er hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, 1986 mit einer Arbeit zur „Praxistheorie im Widerstreit“ promoviert und sich 1994 mit einer Studie zur „Reflexiven Demokratie“ habilitiert. Schmalz-Bruns war langjähriger Sprecher der Theoriesektion in der DVPW und von 2010-2016 Redaktionsleiter der Politischen Vierteljahresschrift.


Dass sich Hamburg bereits seit Mitte der 60er Jahren zu einem wichtigen politikwissenschaftlichen Standort in Deutschland entwickelt hat und dass die Repräsentanten des Instituts eine immer wieder entscheidende Rolle in der Entwicklung des Faches gespielt haben und von Hamburg fachgeschichtlich prägende Wirkungen ausstrahlten, mag man schon dem Umstand entnehmen, dass – beginnend mit Siegfried Landshut in den Jahren 1964 und 1965 – bis zum Jahr 2000 insgesamt noch fünf weitere Vorsitzende der DVPW[1] am Hamburger Institut forschten und lehrten: Winfried Steffani (1971-1973), Udo Bermbach (1975-1977), Hans-Hermann Hartwich (1983-1988), Michael Th. Greven (1994-1997) und Christine Landfried (1997-2000). Diese Massierung von Einfluss und Verantwortung in wichtigen und teilweise sehr entscheidenden Phasen der Fachentwicklung mag zum Teil kontingente Gründe haben, und sie hat sicher mit prägenden Personen ebenso zu tun wie mit dem sukzessiven Ausbau des Hamburger Instituts zu einem der zwischenzeitlich größten politikwissenschaftlichen Institute in Deutschland – ein Prozess, der mit der Einrichtung eines Lehrstuhls für die „Wissenschaft von der Politik“ mit dem langjährigen Inhaber Siegfried Landshut bereits 1951 begann (dem dann 1966 zunächst Hans-Peter Schwarz bis 1974 und später Klaus-Jürgen Gantzel ab 1974 nachfolgten) und der sich über die Einrichtung eines weiteren Lehrstuhls 1962 und dessen Besetzung mit zunächst Wilhelm Hennis (1962-1967, dann ab 1967 Winfried Steffani), der Schaffung einer Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte 1971 (Udo Bermbach) und für Innenpolitik 1973 (Hans-Hermann Hartwich) zunächst entsprechend der allgemeinen Fachentwicklung langsam, aber stetig fortsetzte und dem dann ab Mitte der 70er Jahre innerhalb eines kurzen Zeitraums ein Sprung von vier auf insgesamt neun Professuren folgte. Aber man wird vermuten dürfen, dass dabei weitere organisatorische und historische Bedingungen und letztlich auch das politikwissenschaftliche Selbstverständnis sowie die darin eingelassenen methodologischen und theoretischen Orientierungen eine Rolle gespielt haben.

So sollte man in infrastruktureller wie organisatorischer Hinsicht zunächst den Umstand nicht außer Acht lassen, dass die Geschäftsstelle der DVPW schon 1969 von Berlin nach Hamburg überführt wurde und dort bis 1988 in den Händen der ursprünglichen Geschäftsführerin Barbara Sindermann (heute Bröcker) wie der Geschäftsführer Bernd Andresen, Volker Bartsch, Göttrik Wewer und Stephan von Bandemers unabhängig vom zwischenzeitlichen Wechsel des DVPW-Vorsitzes zu Hans Maier (1969-1971), Klaus von Beyme (1973-1975) und Thomas Ellwein (1977-1981) verblieb.[2] Darüber hinaus ist es sicher nicht unbeachtlich, dass mit Siegfried Landshut einer der führenden Köpfe der Gründergeneration der Politikwissenschaft die erste Hamburger Professur für die „Wissenschaft von der Politik“ innehatte und dass mit Winfried Steffani und Hans-Hermann Hartwich zwei unmittelbare Schüler der am Berliner Otto Suhr-Instituts (OSI) versammelten Gründerväter (Steffani als langjähriger Assistent Ernst Fraenkels und Hartwich als Schüler Gert von Eynerns) die mit diesen Namen wie vor allem mit dem Wolfgang Abendroths verbundene Idee einer kritischen Politikwissenschaft[3] aufnehmen und in die in den 1970er und 80er Jahren virulente Auseinandersetzung um das Selbstverständnis der Politikwissenschaft „als modernes und anerkanntes Universitätsfach“[4] überführen konnten.

Sicher wird man in diesem Zusammenhang schließlich einerseits etwa Göttrik Wewers Einschätzung zustimmen müssen, dass es so etwas wie eine „Hamburger Schule“ jedenfalls damals nicht gab;[5] aber man wird andererseits auch ein in diese Auseinandersetzungen insbesondere von Bermbach in den 1970er Jahren und z.T. auch von Hartwich in die Professionalisierungsdebatte des Faches in den 1980er Jahren vermitteltes theoretisches und theoriepolitisches Grundmotiv nicht übersehen können. Ein solches Grundmotiv lässt sich im Nachhinein vielleicht am pointiertesten über eine theorieprogrammatische Reminiszenz von Habermas an das Werk Siegfried Landshuts erschließen, die er seinen Überlegungen zur „postnationalen Konstellation“ voranstellt. Habermas rekurriert an dieser Stelle auf Landshut, um zunächst in Erinnerung zu rufen, „dass eine Soziologie, die Hegels Glauben an die Vernünftigkeit des Wirklichen immer mehr verliert, die Spuren ihrer Konstitutionsgeschichte immer weiter verwischt und schließlich den normativen Vorgriff verheimlicht, ohne den die vom ´Staat´ unterschiedene ´Gesellschaft´ gar nicht als die Gesamtheit der Determinanten von Ungleichheit und Unterdrückung erscheinen könnte“ – um diese Einsicht dann in einer programmatischen Formulierung zu aktualisieren, wonach auch heute gilt, dass „die in der politischen Öffentlichkeit entfalteten Konflikte, die sich heute auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene abzeichnen, ihre beunruhigende Kraft allein vor dem Hintergrund eines normativen Selbstverständnisses“ gewinnen, in dessen Licht Konflikte erst als Herausforderungen erscheinen können.[6]

Was nun Hartwich angeht, so ist zwar sein nachträgliches Bemühen, seine 1969 am OSI eingereichte Habilitationsschrift zum Sozialstaatspostulat[7] und die dort angelegten Ideen zu einer Weiterentwicklung einer kritischen Politikwissenschaft im Zusammenhang der 1983 vollzogenen Abspaltung der DGfP von der DVPW auf den Status eines nurmehr „äußerlich probate[n] Aufhänger[s] für die Abspaltung“[8] herabzustufen, erkennbar – aber er wählte im „Sozialstaatspostulat“ wohl nicht zufällig an entscheidender Stelle eine Referenz auf Jürgen Habermas‘ erkenntniskritische Disposition einer kritischen Sozialwissenschaft als Bezugspunkt der programmatischen Erläuterung seines fachlichen Selbstverständnisses: „Das Interesse des Verfassers richtet sich dabei sowohl auf die Weiterentwicklung seiner eigenen Wissenschaft, der Politikwissenschaft, insonderheit dort auf den Bereich ´Innenpolitik´, als auch auf die politische Relevanz seiner Arbeit. Sein Erkenntnisinteresse […] ist, in der Sprache von Habermas, kritisch im Sinne des Interesses an der Erfassung ´ideologisch eingefrorener, im Prinzip aber veränderlicher Abhängigkeitsverhältnisse´“.[9] Vor diesem Hintergrund ging es in diesem sehr umfangreichen und im Einzelnen höchst detaillierten Werk unter Bezug auf den Sozialstaatsgrundsatz in Art. 20, Abs. 1 des Grundgesetzes um die Nachzeichnung der politischen Prozesse und grundlegenden argumentativen Kontroversen in der Bundesgesetzgebung in den Jahren 1949 bis 1961, in denen sich die ursprüngliche Spannung zwischen der normativen Offenheit des Sozialstaatsgrundsatzes, die durch die verfassungsrechtlich offen gelassene Wahl zwischen zwei alternativen Sozialstaatsmodellen – dem des sozialen Kapitalismus einerseits und des demokratischen Sozialismus andererseits – charakterisiert war, und der Faktizität des ökonomischen Wiederaufbaus und des darin eingelassenen Imperativs der Erhaltung und Wiederherstellung der überkommenen Vermögenssubstanzen und Besitzverhältnisse[10] als Ausdruck des gesellschaftlichen status quo immer mehr zugunsten der Faktizität der sozialen Marktwirtschaft auflöst. Zugleich beabsichtigt – und das ist entscheidend – Hartwich mit dieser für die Entwicklung des Fachs wichtigen Arbeit, die allein in den 1970er Jahren drei Auflagen erlebte, aber mehr, als nur einen Rückblick auf die Prozesse der politischen und sozialen Schließung einer normativ zunächst offenen Konstellation zu organisieren. Vielmehr kommt es ihm darauf an, die Analyse so anzulegen, dass durch die schrittweise zu einer Art zweiten Natur stilisierte Faktizität des „sozialen Kapitalismus“ hindurch die politischen Gestaltungspotentiale wieder in den Blick geraten, die im Zusammenhang einer normativ angemessenen Gestaltung der gesellschaftlichen Lebensverhältnisse unter den veränderten Bedingungen einer nunmehr industriegesellschaftlichen Moderne zu bergen wären: Letztlich ist es dieser programmatische Impuls, den Hartwich noch in den 80er Jahren wieder aktivieren sollte, um das Profil einer modernen, kritischen Politikwissenschaft zwischen fachlicher Professionalisierung einerseits und der Wiederbelebung der klassischen Grundfragen des Fachs als Demokratiewissenschaft andererseits so nachzuzeichnen, dass es im Anschluss an die Kontroversen der 1970er Jahre wieder in einen breiten Konsens aller Beteiligten überführt werden konnte.[11]

Diese grundmotivische Disposition tritt bei Bermbach sowohl in theoretischer wie in theoriepolitischer Hinsicht gewiss deutlicher zutage,[12] aber man geht wohl insgesamt und auch unter dem Eindruck der in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre dann vollzogenen personellen Entwicklung und der Berufungen Klaus-Jürgen Gantzels und Rainer Tetzlaffs für die Internationale Politik und Joachim Raschkes für die Parteien- und Bewegungsforschung nicht völlig fehl, wenn man den fachlichen und fachgesellschaftlichen Status des Hamburger Instituts auch auf den langen Schatten zurückführt, den das fachliche und theoretische Selbstverständnis seines Gründervaters Landshut trotz allem dann doch geworfen hat.

Jenseits dessen gilt selbstverständlich auch, dass jede dieser Perioden, in den Kolleg*innen des Hamburger Instituts als Vorsitzende des Fachverbandes (mit) gestaltend auf die Entwicklung des Faches insgesamt einwirkten, unter spezifischen fachgeschichtlichen Konflikten gestanden hat, die sich nicht alle zu der Art von Herausforderungen bündeln lassen, die sich aus den inneren und äußeren Krisenerscheinungen der deutschen Politikwissenschaft in den 1970er und frühen 1980er Jahren ergaben. Wenn ich mich vor diesem Hintergrund im Weiteren vor allem auf das Wirken Hans-Hermann Hartwichs als Vorsitzender der DVPW von 1983 bis 1988 beziehe, dann deshalb, weil in dieser Zeit das gewiss zähe und konfliktreiche Ringen um ein modernes Selbstverständnis des Fachs erneuten inneren und äußeren Belastungs- und Bewährungsproben ausgesetzt war: Nach Innen entzündeten sie sich vor allem an der spätestens mit dem Berliner Kongress 1982 zu „Gesellschaftliche[n] Probleme[n] als Anstoß und Folge von Politik“ sichtbar gewordenen Prominenz der Policy-Forschung in der Disziplin, die in ein erweitertes Selbstverständnis ebenso integriert werden musste wie die von außen, also von den Wissenschaftsministerien, der KMK und den Forschungsförderinstitutionen (vor allem der DFG) immer dringlicher erhobenen Professionalisierungserwartungen bzgl. der Inhalte, Methoden und Studiengänge der Politikwissenschaft und der wesentlich auf diese Konflikte zurückzuführenden Abspaltung der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft (DGfP) im Jahr 1983.[13]

Diese im unmittelbaren Anschluss an den Rücktritt Manfred Hättichs vom Vorsitz der DVPW im Frühjahr 1983 vollzogene Neugründung speiste sich gewiss aus einer ganzen Reihe von Motiven, die jenseits von oft kolportierten persönlichen Verletzungen[14] sowohl auf die Nachwirkungen der ideologischen Konfrontationen in den 1970er Jahren, aber auch auf durch die Professionalisierungsdebatte in den 1980er Jahren zurück- und vorgreifende und sehr kontroverse Artikulationen des inhaltlichen und methodischen Selbstverständnisses der Disziplin, auf einen seit den frühen 70er Jahren stetig gewachsenen ordinarialen Unmut über eine neue, sich vor allem auf die Integration des Mittelbaus richtende Mitgliedschaftspolitik ebenso zurückgingen wie sie sich an der Frage der Wahl der Fachgutachter bei der DFG und damit an Fragen der Kontrolle der DFG-Forschungsausgaben entzündeten. Ganz wie das Thema des Berliner Kongresses („Gesellschaftliche Probleme als Anstoß und Folge von Politik“) es wollte, bestand die Leistung Hans-Hermann Hartwichs, als er zunächst kommissarisch und dann als 1983 gewählter und 1985 wiedergewählter Vorsitzender die Leitung der DVPW für insgesamt fünfeinhalb Jahre übernahm, vor allem darin, die Folgen sich kumulierender Problemlagen in einen Anstoß für eine innere Reform des Verbandes und des Faches und so eine Krisensituation in ein Lehrstück darüber zu verwandeln, wie diese Situation durch eine, wie Arno Mohr notiert, „Politik des kalkulierten ´Jetzt erst recht´, hinter der ein echter Wille zur inneren Reform gestanden hat, aufgefangen, produktiv verarbeitet und letztlich gemeistert worden ist“.[15] Maßgeblich für diesen Effekt war, dass Hartwich es verstand, diese Konstellation zum Anstoß einer strategisch höchst wirkungsvollen Fokussierung auf die drei Problembereiche Forschungsförderung, Studienreform und Selbstverständnisdebatte zu nehmen und diese organisatorisch unter Rückgriff auf den Forschungsausschuss sowie den „Ständigen Ausschuss für Lehre und Studium“ in die 1982 von der KMK gebildeten überregionalen Studienreformkommissionen einerseits wie in die koordinierte Wahl der DVPW Fachgutachter 1984 so zu kanalisieren, dass die vier professoralen Mitglieder der KMK-Fachkommission „Politikwissenschaft/Soziologie“ mit Manfred Hättich, Thomas Ellwein, Michael Th. Greven und Hans-Hermann Hartwich durch die Politikwissenschaft gestellt wurden, während es andererseits gelang, den forschungsstrategisch wichtigen Einfluss der DVPW über die Fachgutachterwahlen der DFG mit Fritz W. Scharpf, Franz Nuscheler, Carl Böhret, Winfried Steffani, Udo Bermbach und Michael Th. Greven sehr eindeutig abzusichern:[16] Im Ergebnis der Arbeit der Studienreformkommission konnte so ein Konsens bezüglich der Minimalanforderungen an ein politikwissenschaftliches Studium erreicht und stabilisiert werden, der fünf Teilbereiche in Form der Verabschiedung einer entsprechenden Empfehlung 1986 festschreiben konnte: Politische Theorie und Politische Philosophie, Methoden, das politische System der Bundesrepublik Deutschland, Analyse und Vergleich politischer Systeme, schließlich internationale Beziehungen und Außenpolitik.[17]

Diese nach außen erfolgreiche Festigung der Politikwissenschaft als anerkanntes Universitätsfach bedurfte freilich – und die diesbezüglichen Anstrengungen bildeten gleichsam die dritte Säule der Strategie Hartwichs – einer Vermittlung auch nach Innen. In dieser Richtung erwiesen sich wiederum zwei Elemente als entscheidend: Einerseits die bereits von Ellwein in seiner Zeit als Vorsitzender angestrebte und ab 1984 sich vollziehende Bildung von Sektionen[18] und andererseits mit den Symposien des Vorsitzenden die Erfindung einer neuen Form der innerverbandlichen Selbstverständnisdebatte, als deren Ergebnis man „eine Art Durchbruch zu einer neuen Kollegen-Kooperation innerhalb der DVPW“[19] annehmen kann und deren Ziel Hartwich selber so umrissen hat: Vor allem mit dem Symposium von 1984 in Hannover zu dem Thema „Das Selbstverständnis der Policy-Forschung und ihr Verhältnis zu den Grundfragen der Politikwissenschaft“ ging es ausdrücklich „um das Grundproblem, gleichsam auf der Höhe der Zeit Politikwissenschaft in Lehre und Forschung zu betreiben und dennoch die Wurzeln des Fachs nicht aus den Augen zu verlieren“.[20] Mit dieser Formulierung greift Hartwich in gewisser Weise auf die Impulse zur Bestimmung des Fachs zurück, deren inhaltliche Eckpunkte er, wie oben angedeutet, im Zusammenhang seiner Habilitationschrift schon markiert hatte. So kann man sich am Ende wohl der Meinung Carl Böhrets anschließen, wenn er die Übernahme des Vorsitzes der DVPW durch Hartwich in einer überaus kritischen Phase als „Glücksfall“[21] markiert und dieses Urteil so erläutert: „Insgesamt ist Hartwich ein Politikanalytiker von hoher Solidität, ausgestattet mit bemerkenswerter wissenschaftlicher Neugier und empirischem Erkundungswillen sowie mit einem Gespür für die historischen Dimensionen“.[22]


[1] Die Abkürzung stand von 1951 bis 2016 für „Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft“. Seither steht sie für „Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft“.

[2] Die Liste der Vorsitzenden der DVPW inkl. der Kurzbiographien wie der jeweiligen Geschäftsführer*innen ist dem von Jürgen W. Falter und Felix W. Wurm herausgegebenen Band „Politikwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland. 50 Jahre DVPW“, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2003, 246-261 zu entnehmen.

[3] Die Idee einer kritischen Politikwissenschaft bildet gleichsam den konzeptionellen Angelpunkt der Habilitationsschrift Hans-Hermann Hartwichs über „Sozialstaatspostulat und gesellschaftlicher Status Quo“, die in der ersten Auflage 1970 beim Westdeutschen Verlag erschienen ist. „Kritisch“ wird dabei als gegen die unkritische und damit affirmative Hinnahme der gegebenen gesellschaftlichen Verhältnisse gerichtet gefasst, wonach die Politikwissenschaft, wie Hartwich formuliert, erst dann und dadurch kritisch wird, „wenn die Lehre von der ´pluralistisch-rechts- und sozialstaatlichen“ Grundordnung (Fraenkel) die gesellschaftlich-ökonomischen Grundstrukturen, die Produktionsverhältnisse und die sich aus Besitz, Verfügungsgewalt und Privilegien ergebenden Machtverhältnisse und Manipulationsmöglichkeiten einbezieht“ (Hans-Hermann Hartwich, Sozialstaatspostulat und gesellschaftlicher Status Quo. Köln und Opladen: Westdeutscher Verlag 1970, 353).

In diesem Zusammenhang ist es durchaus nicht unerheblich, daran zu erinnern, dass Abendroth als wesentlicher Protagonist der Sozialstaatsdebatte in den 1950 und 1960er Jahren und als der namhafteste Vertreter der Forderung nach einer Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft als Schlüssel für das alternative Sozialstaatsmodell eines demokratischen Sozialismus dem Vorstand oder Beirat der DVPW seit ihrer Gründung 1951 durchgängig bis 1971 angehört hat: Vgl. Jürgen W. Falter/Felix W. Wurm (Hg.), Politikwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland. 50 Jahre DVPW. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2003, 262-264.

[4] So Hans-Hermann Hartwich, Die DVPW in Jahren der Krise und der Erneuerung 1983 bis 1988. In: Jürgen W. Falter/Felix W. Wurm (Hg.), Politikwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., 35-45 (hier 40).

[5] Göttrik Wewer, Hans-Hermann Hartwich, in: Eckhard Jesse/Sebastian Liebold (Hg.), Deutsche Politikwissenschaftler – Werk und Wirkung. Baden-Baden: Nomos 2014, 317-329 (hier 322).

[6] Jürgen Habermas, Die postnationale Konstellation und die Zukunft der Demokratie, in: Ders., Die postnationale Konstellation. Politische Essays. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1998, 91-169 (hier 91f.).

[7] Hans-Hermann Hartwich, Sozialstaatspostulat und gesellschaftlicher Status Quo, a.a.O.

[8] Hans-Hermann Hartwich, Die DVPW in den Jahren der Krise, a.a.O., 37.

[9] Vgl. Hans-Hermann Hartwich, Sozialstaatspostulat, a.a.O., 352.

[10] Hans-Hermann Hartwich, Sozialstaatspostulat, a.a.O., 54.

[11] Vgl. Hans-Hermann Hartwich, Die DVPW in den Jahren der Krise, a.a.O., 39; Hans-Hermann Hartwich, Sozialstaatspostulat, a.a.O., 14, 352ff. und passim und Hans-Hermann Hartwich (Hg.), Policy-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland. Ihr Selbstverständnis und ihr Verhältnis zu den Grundfragen der Politikwissenschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag 1985.

[12] Dieses Theoriemotiv wirkte nach Innen im Hinblick auf die Diskussionen in Udo Bermbachs Kolloquium wie nach außen u.a. durch die von Bermbach betriebene Einladung an Habermas zum Duisburger Kongress 1975, die gegen massives Widerstreben Brachers von ihm durchgesetzte Einladung Claus Offes zum Bonner Kongress 1977 und die wesentlich von ihm betriebene Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Hamburg an Habermas im Jahr 1989. Seine fachinterne Bedeutung hat es in der Folge dann auch über die von Bermbach ausgehende Gründung der Sektion „Politische Theorie und Ideengeschichte“ 1984 entfalten können.

[13] Vgl. dazu Hans-Hermann Hartwich, Die DVPW in den Jahren der Krise, a.a.O.; Arno Mohr, Die Entwicklung der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft in den vergangenen 20 Jahren – Schlaglichter, in: Jürgen W. Falter/Felix W. Wurm (Hg.), Politikwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland. 50 Jahre DVPW. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2003, 99-134; Wilhelm Bleek, Geschichte der Politikwissenschaft in Deutschland. München: C.H. Beck 2001; und Göttrik Wewer, Hans-Hermann Hartwich, a.a.O.

[14] Vgl. neben den in Fn 12 genannten Arbeiten dazu auch Manfred Hättich, Die Abspaltung von der DVPW. In: Jürgen W. Falter/Felix W. Wurm (Hg.), Politikwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland. 50 Jahre DVPW. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2003, 135-136.

[15] Arno Mohr, Die Entwicklung der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft in den vergangenen 20 Jahren, a.a.O., 132.

[16] Vgl. Hans-Hermann Hartwich, Die DVPW in den Jahren der Krise, a.a.O., 36 und 41.

[17] Vgl. Mohr, Die Entwicklung der DVPW, a.a.O., 121.

[18] Die 1984 auf Betreiben Udo Bermbachs gebildete Sektion für „Politische Theorien und Ideengeschichte“ mag hier als Beispiel auch deshalb dienen, weil es ihr erfolgreich gelang, die im „Grauen Plan“ der DFG enthaltene Anregung zur Einrichtung von Schwerpunktbereichen mit der Etablierung des Schwerpunktprogramms zur „Theorie politischer Institutionen“ erfolgreich aufzugreifen und so auch das Forschungsprofil der für die politikwissenschaftlichen Lehre konstitutiven Teilbereiche des Fachs entscheidend zu fördern.

[19] Hans-Hermann Hartwich, Die DVPW in den Jahren der Krise, a.a.O., 42.

[20] Hans-Hermann Hartwich, Die DVPW in den Jahren der Krise, a.a.O., 41.

[21] Carl Böhret, Hans-Hermann Hartwich , dem langjährigen Vorsitzenden der DVPW, zum 60. Geburtstag, in: PVS 30:1, 1989, 116ff. (hier 118). Vgl. auch Göttrik Wewer, Hans-Hermann Hartwich, a.a.O., 328.

[22] Carl Böhret, Hans-Hermann Hartwich, dem langjährigen Vorsitzenden der DVPW, a.a.O., …. Vgl. auch dazu Göttrik Wewer, Hans-Hermann Hartwich, a.a.O., 322.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert