Sodomie, Folter, öffentliche Enthauptung: Peter Niesen über Samuel Bentham in Hamburg

Samuel Bentham (1757–1831) stand stets im Schatten seines älteren Bruders Jeremy (1748–1832), auch wenn die Idee des Panopticons, eines transparenten Gefängnis- und Allzweckgebäudes, ursprünglich auf ihn zurückgeht. Beide Bentham-Brüder hatten sich den aufgeklärten Monarchen Europas im späten 18. Jahrhundert als Experten angedient, der eine als Autor von Verfassungsentwürfen, Zivil- und Strafrechtskodizes, der andere als Ingenieur. Samuels Briefe aus Hamburg handeln unter anderem von der Strafrechtspraxis auf dem europäischen Kontinent. Der Briefwechsel gewinnt angesichts der Evolution von Benthams Straftheorie ideengeschichtliche Bedeutung.

Peter Niesen ist Professor für Politische Theorie an der Universität Hamburg.


Während Jeremy Bentham seit 1776 erste kolonial- und staatstheoretische Schriften vorgelegt hatte, hatte sein neun Jahre jüngerer Bruder Samuel eine Ausbildung als Schiffsbauer begonnen und 1778 abgeschlossen. Danach besuchte Samuel verschiedene Häfen und Schiffbaudocks an der Nord- und Ostsee, bevor er 1780 in St. Petersburg landete. Über Rotterdam, Amsterdam und Groningen gelangte er nach Hamburg, von wo er zunächst über Lübeck nach Danzig aufbrechen wollte. Im Oktober 1779 schreibt er aus Hamburg an Jeremy, der ihn zuvor ermahnt hatte, sich nicht mit persönlichen Dingen aufzuhalten und ihm nichts als Fakten mitzuteilen.[1]

Samuels Mission bestand aus Jeremys Sicht vor allem darin, ihm schwer erhältliche kontinentale Staats- und Strafrechtsliteratur zu beschaffen. Sein besonderes Interesse galt den Themen Folter, Todesstrafe und „Sodomie“, worunter man im späten 18. Jahrhundert Homosexualität und andere irreguläre sexuelle Praktiken verstand. Die erste Hamburger Briefsendung vom 15.10.1779 hatte Samuel noch in Groningen verfasst. Sie handelt von der Geständnisfolter, die in den Niederlanden bei Kapitalverbrechen erst nach dem Schuldspruch stattfinde, sowie von einem Homosexuellenprozess in London, der mit der Exekution des für schuldig Befundenen endet.[2] In Amsterdam hatte Samuel versucht, eine Publikation zu beschaffen, in der die Abschaffung der Folter im Habsburgerreich dokumentiert wurde. Er teilt mit, dass er Kataloge des deutschsprachigen Buchhandels nach England geschickt habe, die für die Buchmessen in Frankfurt und Leipzig aufgelegt worden waren.[3] Nebenbei berichtet er von physikalischen Experimenten und vom Besuch bei einem Zahnarzt, der ihm zwei Bleifüllungen verpasst.

Auch in Hamburg widmet sich Samuel zunächst ebenfalls der Literaturrecherche, bevor er den Augenzeugenbericht einer öffentlichen Exekution liefert. Am 19.10.1779 empfiehlt er Der Stadt Hamburg Gerichtsordnung und Statuta und Statuta und Stadt Recht der Stadt Lubeck. Er erkundigt sich, ob das „book on Sodomy“ aus Rotterdam bei Jeremy eingetroffen sei: „I have enquired if there was any publication on that subject here or in Germany, but cannot learn of any. It is frequently known to be committed here, and there seem to have been no instances of any prosecutions for it: but the punishment annexed to it by the law is burning alive.“[4]

Bereits in Amsterdam hatten ihn, wie er nun aus Hamburg berichtet, die rituellen Hinrichtungsfeiern mit festlichen Prozessionen beeindruckt. Ihm imponiert auch, dass alle Offiziellen, die am Schuldspruch beteiligt waren, zur Anwesenheit bei der Hinrichtung verpflichtet wurden. In Hamburg, so schreibt Samuel, werde eine öffentliche Enthauptung kaum weniger eindrucksvoll aufgeführt. Er berichtet detailliert, wie die wegen Mordes an zwei kleinen Kindern Verurteilte auf einem künstlichen, außerhalb der Stadtmauer aufgeschütteten Hügel hingerichtet wird. Eine feierliche Prozession von Offiziellen führt die Verurteilte dorthin, wo bereits eine große Menschenmenge das Spektakel erwartet. Da sie wegen ihrer epileptischen Erkrankung nicht stehen kann, wird sie auf einem Stuhl festgeschnallt. Der Henker braucht zwei Schläge, um ihren Kopf vom Leib zu trennen.

Samuel interessiert sich nahezu ausschließlich für die rituelle Einbettung des Verfahrens. Punkt 12 Uhr mittags klopft die Polizei beim Henker, um die Verurteilte abzuholen. Ein Helfer trägt das Schwert vorneweg. Die Delinquentin ist in saubere Leinengewänder gekleidet; ihre Schuhe werden ihr vor der Exekution ausgezogen. Ihr Haar wird hochgesteckt. Der Helfer zeigt der Menge den abgeschlagenen Kopf, der Pastor schüttelt die Hand des Henkers. Ein Bote wird losgeschickt, der die Senatoren im Rathaus davon in Kenntnis setzt, dass die Hinrichtung vollzogen ist, so dass sie nach Hause gehen dürfen. Sobald die Arbeit des Henkers getan ist, wischt er das Blut vom Schwert und händigt es dem Helfer aus, der es unter seinem Gewand verbirgt. An diesem Punkt interveniert Samuel mit einem Verbesserungsvorschlag: „I cannot but think it would have been better if the Sword had been carried back exposed to full view bloody as it was.“ (323)

Inwiefern wäre es besser gewesen, wenn man das blutige Schwert offen herumgezeigt hätte? Samuel weiß, dass Jeremy gerade ein Werk zu beenden versucht, in dem er das Strafrecht auf ein nüchternes systematisches Fundament stellen möchte, auf das Prinzip der Nützlichkeit (principle of utility). In der Korrespondenz drängt er Jeremy dazu, das Buch endlich abzuschließen. Zu der Zeit, als der Briefwechsel stattfindet, hatte Bentham das Prinzip der Nützlichkeit bereits in seinem viel beachteten Erstling von 1776, dem Fragment on Government, eingeführt. Die Rede vom „größten Glück der größten Zahl“ hatte er aus dem 1764 erschienenen Reformwerk des italienischen Aufklärers Cesare Beccaria, Dei Delitti e delle Pene, übernommen und als Aggregat gesellschaftlich vorhandener Lust (pleasure) gedeutet. Allerdings hatte er sich danach in Fragen philosophischer Motivationslehre und Handlungstheorie verloren, so dass das 1780 erstmals gedruckte Werk mit dem Titel Introduction to the Principles of Morals und Legislation, das bis heute als Grundlegung der utilitaristischen Moral-, Politik- und Rechtstheorie gilt, kaum noch Überlegungen zur Strafrechtspraxis enthält.

Konkrete Anwendungsfragen hatte Jeremy nicht vollständig ignoriert und in seiner Gelegenheitsschrift  A view of the Hard Labour Bill (1778) die Hamburger Praxis bereits in den Blick genommen. In diesem Pamphlet hatte Bentham anerkennend auf das „first great house of correction in Hamburgh“ aufmerksam gemacht.[5] Er hatte The State of the Prisons in England and Wales, dem bahnbrechenden Werk des Gefängnisreformers John Howard, entnommen, dass die zwangsarbeitenden Strafgefangenen in Hamburg proportional am Geschäftsergebnis ihrer Arbeit beteiligt wurden. Howard hatte die Gefängnisse und Arbeitshäuser der „great and opulent City of Hamburgh“ beschrieben und Zustände mangelnder „neatness or cleanliness“ in Arbeitshäusern für Frauen nahe der Alster gerügt. Er hatte Folterinstrumente besichtigt und Informationen über die Haft- und Exekutionsmethoden eingeholt. In der Hamburger Bütteley lagen, so Howard, die Hinrichtungskandidaten in Eisen und warteten auf ihre Enthauptung: „The common method of execution is decollation. The Executioner, who is Gaoler, showed me the sword, which, he said, he made use of eight times.“[6]

Bentham hat sich in seiner langen Karriere dreimal (1775, 1809, und 1831) schriftlich zur Todesstrafe geäußert, jedesmal ablehnend, und ist damit zu einem der Begründer des Abolitionismus geworden.[7] Auf den ersten Blick ist das erklärungsbedürftig, steht doch die Generalprävention im Zentrum seiner Straftheorie. Im Unterschied zu Beccaria greift er auch nicht auf humanitäre Argumente zurück. Aber das stärkste traditionelle Argument für die Todesstrafe, die Vergeltung nach dem Talionsprinzip, das etwa Immanuel Kant noch wie selbstverständlich seiner Verteidigung der Todesstrafe zugrundelegt,[8] muss Bentham irrational erscheinen. Strafe ist nichts an sich Wünschenswertes, indem sie die allgemeine Summe gesellschaftlichen Schmerzes, die durch ein Verbrechen vergrößert wurde, nur weiter vermehrt. Bentham gesteht ein, dass die Todesstrafe für Mord intuitiv naheliegend ist und auch populär. Allerdings sei die Todesstrafe ökonomisch unsinnig,[9] nicht graduell an die Schwere des Unrechts anzupassen, fehleranfällig und nicht wieder rückgängig zu machen.

Allerdings endet der frühe Aufsatz mit einer Ausnahme. In einem Fall lehnt Bentham die Todesstrafe nicht völlig ab. Eine Gesellschaft, die nicht auf die abschreckende Macht der Todesstrafe verzichten möchte, soll sie auf Delikte beschränken,

which in the highest degree shock the public feeling—for murders, accompanied with circumstances of aggravation, and particularly when their effect may be the destruction of numbers; and in these cases, expedients, by which it may be made to assume the most tragic appearance, may be safely resorted to, in the greatest extent possible, without having recourse to complicated torments.[10]

Wenngleich Bentham hier Foltermethoden, die die Hinrichtung vollziehen oder begleiten, ablehnt, so spricht er sich doch dafür aus, in gravierenden Fällen Exekutionen in einer „most tragic appearance“ zu inszenieren, um den größtmöglichen Effekt auf die Gemüter zu erzielen. Von zwei außerordentlich, aber vielleicht noch nicht hinreichend tragischen Inszenierungen hatte Samuel aus Amsterdam und Hamburg zu berichten gewusst. Erst das Herumzeigen des blutigen Schwerts hätte aus seiner Sicht dem Ausnahmefall den Anschein höchster Tragik verliehen.

Doch Jeremy hatte bereits gezeigt, dass alle Strafe ein Übel ist, weil sie den Umfang des allgemeinen Glücks verringern muss.[11] Könnte man daher, so ließe sich mutmaßen, auf ihre Ausübung zugunsten ihrer tragischen Inszenierung verzichten, wäre ihr abschreckender Effekt durchaus zu erhalten. Tatsächlich sei es ja bloß die Idee der Strafe oder, in anderen Worten, der Anschein der Strafe, die Auswirkungen auf das Verstehen und Handeln der Menschen hat: „Es ist der Anschein der Strafe (apparent punishment), der die ganze Arbeit tut … Es ist die wirkliche Strafe, die das ganze Unheil (mischief) anrichtet.“[12] Die Passage stammt aus dem Jahr 1780, ein Jahr nach dem Hamburger Briefwechsel. Bentham versucht offenbar, in dieser formativen Phase zwei Dinge zusammenzudenken: die rituelle Grausamkeit der feierlichen Inszenierung, die auf Samuel einen so großen Eindruck gemacht hatte, und die kalkulatorische Rationalität, die die zugefügten Übel zu minimieren zwingt. Seine unausgesprochene Lösung liegt darin, ein Straftheater zu fingieren, nicht in dem realen historischen Sinn, in dem Foucault diese Idee einführt, sondern als Inszenierung einer Illusion.[13]

Foucaults Diagnose, dass die Zeit der Straf-Martern am Ende des 18. Jahrhunderts an ein Ende gekommen ist, lässt sich für Hamburg und für Benthams Theorie bestätigen.[14] Während Samuel noch respektvoll die (angebliche) Amsterdamer Rechtslage schildert, der zufolge auch nach dem Schuldspruch keine Hinrichtung ohne (erzwungenes) Geständnis vollzogen werden darf, warnt Jeremy in zwei Manuskripten, die um die Zeit des Briefwechsels mit Samuel entstanden sind, eindringlich vor dem Gebrauch der Folter als Straf- und Geständnisinstrument. Er lässt aber ausdrücklich ihren Einsatz in manchen Fällen der Gefahrenabwehr zu, insbesondere dort, wo Informationen aus Gefangenen herausgepresst werden sollen und Verzögerung nicht geduldet werden darf.[15] Sein für die Legitimität der Folter herangezogenes Beispiel ähnelt den heutigen ticking bomb cases von Niklas Luhmann bis Wolfgang Daschner: Von einem Paar von Brandstiftern konnte der eine gefasst werden, während der andere, noch auf freiem Fuß, im Begriff sei, weitere Brände zu legen.[16] In einem solchen Fall sei Folter zulässig und angebracht. Häufig komme es jedoch vor, dass solche Zufügung von Schmerz weit über ihren legitimen Zweck hinausschieße; hier müsste richterliche Aufsicht ihren Einsatz beschränken und sollten im Irrtumsfall Kompensationen gezahlt werden.

Zurück zur Todesstrafe. Ist der von Samuel beschriebene Fall einer, in dem sich für Jeremy Bentham die ausnahmsweise (wirkliche, nicht nur vorgespielte) Vollstreckung der Todesstrafe halten lässt? Handelt es sich nicht beim Kindsmord um eines der Delikte „which in the highest degree shock the public feeling“ (s.o.)? Auch dieser Streitfall lässt Bentham sein Leben lang nicht los. Eine Passage aus frühen Manuskripten, die Étienne Dumont als Traité de legislation civile et pénale (1802) veröffentlichte, hat traurige Berühmtheit erlangt. Bentham fordert in ihr die Entkriminalisierung des Infantizids. Allerdings ist der Fall von Kindsmord durch die Mutter, den er dort erörtert, einer, in dem das Kind noch nicht zu Bewusstsein gelangt sei – „an infant, which has ceased to exist before it has known existence“.[17] Er unterstellt weiterhin, dass mit einem solchen Mord keine weitere Beunruhigung bei Dritten, also kein second order alarm verknüpft sei. Außerdem nimmt er an, dass das Leben des Kindes ein Leben im Elend gewesen wäre, dessen Glücksbilanz für es selbst negativ gewesen sei. Ein solches Verbrechen belege nur die ausufernde Sensibilität der Mutter, ihre tiefe Verzweiflung – eigentlich sei hier der Gesetzgeber (der die uneheliche Geburt von Kindern mit Schande und Rechtlosigkeit sanktioniert) als eigentlicher Mörder anzusehen. Im späten, erst jüngst veröffentlichten Text Not Paul but Jesus (entstanden 1817-18), der sich gegen die Homosexuellenfeindschaft der Kirche richtet, radikalisiert Bentham seine Position allerdings soweit, das schmerzlose, womöglich unbeabsichtigte Ersticken von Säuglingen in bedürftigen Familien zu entschuldigen.[18] Hier zeigt sich seine charakteristische Fähigkeit, seinen eigenen Prinzipien unverbrüchlich bis in die reductio ad absurdum zu folgen.

Jeremys Interesse an der kontinentalen Literatur zur „Sodomie“ war eine Altlast aus Oxforder Zeiten, in der seine lebenslange Nemesis, Professor William Blackstone, von „Verbrechen gegen die Natur, ob mit Mensch oder Tier“ sprach und sie als „bösartiger als Vergewaltigung“ eingestuft hatte.[19] Bentham war der Ansicht, dass sich weder aus religiösen noch aus rationalen Gründen eine Strafwürdigkeit von Homosexualität ableiten ließe. Er hatte bereits in seinen frühen Kompendien über das Zivil- und Strafrecht eine libertäre Position vertreten und im Jahr 1785 einen mit „Paederasty“ überschriebenen Artikel verfasst, der allerdings erst 1978 einem breiten Leserkreis bekannt wurde.[20] Während er bereits in seiner vorrevolutionären Phase für eine nahezu vollständige Entkriminalisierung aller konsensuellen Beziehungen eintritt, hat Bentham erst in den 1810er Jahren systematische kultur- und religionsgeschichtliche Überlegungen zur sexuellen Repression angestellt.[21] Benthams vorrangiges Interesse liegt darin, die Unterscheidung zwischen natürlichen und unnatürlichen Praktiken durch die zwischen konsensuellen und gewaltsamen Praktiken zu ersetzen. Die göttliche Zerstörung von Sodom und Gomorrah liest er daher weder als Vergeltung für „mistakes of the sex“ noch „mistakes of the species“, sondern als Strafe für eine Praxis von Vergewaltigungen. Er gibt eine ausführliche Interpretation von Bibelstellen, denen zufolge Jesus Homosexualität praktiziert habe.[22] Die Radikalität des klassischen Utilitarismus spiegelt sich nicht zuletzt darin wider, dass Bentham auch gegen Sex mit Toten nichts einzuwenden hat. Allerdings verharmlost Bentham auch Sex mit Schutzbefohlenen und plädiert für seine Entkriminalisierung.[23] Hier handelt es sich nicht um eine reductio ad absurdum, die der konsequenten Verfolgung seines Nützlichkeitsprinzips geschuldet wäre, sondern um einen inkonsistenten Umgang mit dem eigenen Konsens-Kriterium.

In St. Petersburg traf Samuel den Adligen und Militär Grigori Potemkin, der ihm eine Offiziersposition in der russischen Marine anbot. Samuel wurde in Kritschew in Weißrussland eingesetzt, um dort die Produktion von nautischen Bedarfen zu überwachen. Jeremy reiste ihm 1786 dorthin nach. Erst vor kurzem wurde nachgewiesen, dass das berühmte ‚panoptische‘ Inspektionsprinzip in der Architektur sich Samuels dortigem, ursprünglich sternförmigen, also nicht kreisrunden Workshop für Schiffszubehör verdankt und dass die gefürchtete Aufsichtsloge, von der aus Zellen auf allen Etagen unsichtbar überwacht werden sollen, sich in einem mechanischen Aufzug befand.[24] Von hier aus entwickelten die beiden Brüder den Gefängnisentwurf, für den Jeremy notorisch wurde, und von hier aus verschickte Jeremy 1787 die berühmten Panopticon Letters.[25] Umfassende, einseitige Transparenz[26] steigert dort noch die theatralischen Effekte, etwa im sonntäglichen Gottesdienst, während tragische und Gewaltinszenierungen keinen Platz mehr finden. In der entwickelten Straftheorie eines konsolidierten Utilitarismus gliedern die Benthams ihre Konzeption der Kriminalstrafe vollständig in eine Lehre ökonomisch profitabler ingenieurwissenschaftlicher Leistungen ein.


[1] Jeremy Bentham, Correspondence, Bd. 2, 1777-1780, hg. v. T.L.S. Sprigge, Reprint London: UCL Press 2017, 320.

[2] Correspondence, Bd. 2, 302.

[3] Jeremy war daran interessiert, ob es eine deutsche Übersetzung seines Fragment on Government von 1776 gebe, Correspondence, Bd. 2, 285. Leider liegt eine solche bis zum heutigen Tag nicht vor.

[4] Correspondence, Bd. 2, 324.

[5] Jeremy Bentham, Works, Hg. v. John Bowring, Edinburgh: Tate 1843, Bd. 4, 13.

[6] John Howard, The State of the Prisons in England and Wales, Warrington 1777, 116.

[7] Das früheste Material ist in John Bowrings Werkausgabe unter dem Titel Rationale of Punishment veröffentlicht worden (Bentham, Works Bd. 1, 390-525), das spätere von 1831 im selben Band (525-532). Zu dem unveröffentlichten Aufsatz „Law versus Arbitrary Power: A Hatchet for Paley’s Net“ von 1809 siehe Brian Calvert, Bentham and the Death Penalty, Dialogue: Canadian Philosophical Review 2, 2006, 211-231. Der klassissche Aufsatz zu Benthams Sicht der Todesstrafe ist nach wie vor Hugo Adam Bedau, A Utilitarian Critique of the Death Penalty, Journal of Criminal Law and Criminology 74, 3, 1983, 873–925.

[8] Immanuel Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre (1797), Akademieausgabe Bd. 6, 332.

[9] Benthams vergeblicher Versuch, mit parlamentarischer Unterstützung den eigenen Panopticon-Entwurf als Gefängnisunternehmer zu realisieren, ist erschöpfend erforscht. Vgl. G. Himmelfarb, The Haunted House of Jeremy Bentham, in dies., Victorian Minds, New York: Knopf 1968, 32-81, mit J. Semple, Bentham’s Prison. Oxford: Oxford University Press 1993.

[10] Rationale of Punishment. Works, Hg. v. John Bowring, Bd. 1, 450.

[11] „All punishment is mischief: all punishment in itself is evil. Upon the principle of utility, if it ought at all to be admitted, it ought only to be admitted in as far as it promises to exclude some greater evil.“ Jeremy Bentham, An Introduction to the Principles of Morals and Legislation (IPML) XIII.2. Hg. von J. Burns & H.L.A. Hart, London 1970, zitiert nach der Neuausgabe Oxford: Oxford University Press 2005, 170.

[12] „It is the idea only of the punishment (or, in other words, the apparent punishment) that really acts upon the mind; … It is the apparent punishment, therefore, that does all the service. …. It is the real punishment that does all the mischief.“ Jeremy Bentham, IPML XV.9, 178f.

[13] S. Foucault zum „großen Schauspiel der peinlichen Strafe“, Überwachen und Strafen, 9-13 und 22f. Vincent August weist brieflich darauf hin, dass „solche Theatralität in Spannung zu [Benthams] Kritik an Metaphern und Inszenierungen in der Sprache“ stehe. Letztlich wird man die Verdienstlichkeit unterschiedlicher Typen von Fiktionalität nach ihrer gesellschaftlichen Nützlichkeit bewerten müssen.

[14] Richard J. Evans zufolge wurde in Hamburg die Folter nach 1786 nicht mehr angewandt. Ders., Rituals of Retribution. Capital Punishment in Germany 1600-1987, Oxford: Oxford University Press 1996, 115.

[15] William Twining, Bentham on Torture (1973). Nachdruck in Michael James (Hg.), Bentham and Legal Theory, Belfast 1974, 39-90.

[16] Ebd. 50-52.

[17] Theory of Legislation (englische Rückübersetzung von R. Hildreth), 2. Aufl., London: Trübner 1871, 265. Überraschende, wenngleich natürlich nicht-utilitaristische Zustimmung Immanuel Kants, Rechtslehre, Bd. 6, 336, vgl. Akademieausgabe Bd. 23, 363f.

[18] Not Paul but Jesus, Bd. III. London: The Bentham Project, 2013, 65. Online unter http://discovery.ucl.ac.uk/1392179/3/npbj.pdf (10.10.2019)

[19] Zitiert bei Philip Schofield, Bentham on Taste, Sex, and Religion. In: Michael Quinn and Xiaobo Zhai (Hg.), Bentham on Law and Public Opinion. Cambridge: Cambridge University Press 2014, 90-118, 110.

[20]  Journal of Homosexuality 3, 1978, 389-405; 4, 1978, 91-107.

[21] Philip Schofield, Catherine Pease-Watkin & Michael Quinn (Hg.), Of Sexual Irregularities, and Other Writings On Sexual Morality. Oxford: Oxford University Press 2014.

[22] Nachweise bei Schofield, Bentham on Taste, Sex, and Religion.

[23] Jeremy Bentham, Sex. In Bentham, Selected Writings. Hg. v. St. Engelmann. New Haven: Yale University Press 2011, 33-102, 87f.

[24] Philip Steadman, Samuel Bentham’s Panopticon. Journal of Bentham Studies 2012, 14, 1, 1–30. DOI: https://doi.org/10.14324/111.2045-757X.044 Zu Samuels Urheberschaft an der Panopticon-Idee vgl. bereits die Biographie The Life of Brigadier-general Sir Samuel Bentham von seiner Witwe Mary S. Bentham, London: Longman 1862, 84f.

[25] Dt. Das Panoptikum. Hg. von Chr. Welzbacher. Berlin: Matthes & Seitz 2006.

[26] Sandrine Baume & Yannis Papadopoulos, Transparency: From Bentham’s inventory of virtuous effects to contemporary evidence-based scepticism, Critical review of international social and political philosophy 21, 2, 169-192.

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