Fundstück: Agathe Lasch – Portrait

Die renommierte Germanistin Agathe Lasch wurde 1923 als erste Professorin an die Universität in Hamburg berufen. Sie erforschte in zahlreichen, Schule machenden Schriften die mittelniederdeutsche, ‚plattdeutsche‘ Sprache. Ihren Arbeitsplatz hatte sie bis zu ihrer Entlassung durch die nationalsozialistische Gleichschaltung u.a. im damaligen Bornplatz 1-3 – unserem heutigen Gebäude für Sozialwissenschaften.


Agathe Lasch wurde 1879 in eine jüdische Kaufmannsfamilie geboren. In ihrer Heimatstadt Berlin genoss sie gute Bildung, doch der Schritt an die Universität zum Studium der Germanistik wurde ihr als Frau im preußischen Herzen des Deutschen Reiches verwehrt. Dafür musste sie nach Heidelberg umziehen, wo sie schließlich auch über die „Geschichte der Schriftsprache in Berlin bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts“ promovierte. Doch wieder wurde ihr eine weiterführende Karriere in Bildung und Wissenschaft verstellt, dankbar ging sie also auf ein Angebot ein, dass sie von 1910 bis 1917 in die USA führte. Sieben Jahre lang forschte und unterrichtete sie am Bryn Mawr College in Pennsylvania und brachte dort auch erste Schriften heraus, etwa das Lehrbuch „Niederdeutsche Grammatik“.

Als Lasch nach Deutschland zurückkehrte, hatte sie damit bereits die Erforschung der niederdeutschen Sprache als wissenschaftliche Disziplin begründet. Das gemeinhin als Plattdeutsch bekannte Niederdeutsch machte Lasch in seiner Hochphase im 13 bis zum 17. Jahrhundert aus. In seiner räumlichen Ausdehnung war es dabei nicht nur in Norddeutschland, sondern vor allem auch in den Ostseeanrainerstaaten zu verorten. Die politökonomische Dominanz der Hansestädte hatte auch die Kultur und Sprache Norddeutschlands in andere Teile des europäischen Kontinents gebracht.

Diese Verortung einer Sprache in ihre historischen, sozioökonomischen und politischen Kontexte war prägend für die Arbeit von Agathe Lasch. Dies zeigte sich auch in ihren weiteren wichtigen Werken, dem „Hamburgischen Wörterbuch“ wie dem „Mittelniederdeutschen Handwörterbuch“, die allesamt in Hamburg entstanden. In die Hansestadt war Lasch 1917 nach ihrer Rückkehr aus den USA gekommen. Zuerst arbeitete sie hier am sogenannten Deutschen Seminar, schließlich, nach der Universitätsgründung im Jahr 1919 dann auch an der Hamburgischen Universität. In Mitten der Kriegsturbulenzen und Umbruchsphasen der späten 1910er-Jahre hatte sie sich außerdem noch habilitiert – die Voraussetzung für die schließlich erfolgreiche Berufung als erste Professorin an der Hamburger Universität und damit als erste Professorin für Germanistik in ganz Deutschland.

1934 – ein Jahr nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten – endete ihre wissenschaftliche Karriere, die sie zum Vorbild vor allem auch für die von ihr besonders geförderten weiblichen Studierenden machte, abrupt. Lasch wurde auf Grundlage des antisemitischen „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ entlassen.

Dokument über Maßnahmen, die im Rahmen des ‚Gesetzes zur Widerherstellung des Berufsbeamtentums‘ auch an der Uni Hamburg durchgeführt werden (1934) – Bildnachweis: UHH/Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte

Bis Ende der 1930er-Jahre konnte die entlassene und geächtete Lasch noch einige Texte und Essays in vorrangig ausländischen Zeitschriften publizieren. 1937 war sie zu ihrer Schwester nach Berlin zurückgekehrt, Studentinnen versorgten sie ab 1938, als jüdischen Wissenschaftlerinnen endgültig der Zugang zu wissenschaftlichen Bibliotheken versagt wurde, mit Büchern. Doch Lasch bemühte sich zunehmend verzweifelt  um eine Stelle im Ausland, die ihr immer wieder verwehrt wurde. Und so geschah das scheinbar Unumgängliche: Im August 1942 wurde sie gemeinsam mit ihren beiden Schwestern von der NS-Diktatur festgenommen, deportiert und in einem Wald nahe Riga ermordet.

An Agathe Lasch, eine ihrer herausragendsten Wissenschaftlerinnen und Persönlichkeiten und nicht zuletzt an ihre erste Professorin gedenkt die Universität Hamburg heute mit der Benennung einer der größten Hörsäle der Universität. Außerdem ist einer der Stolpersteine vor dem universitären Hauptgebäude Lasch gewidmet.

Stolperstein von Agathe Lasch vor dem Hauptgebäude der Universität Hamburg – Bildnachweis: UHH/Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte

Text: David Weiß, Redaktion Politik 100×100

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