Fundstück: Eduard Heimann – Portrait

Ein Portrait von Eduard Heimann – Bildnachweis: UHH/Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte

Als Eduard Heimann 1925 an die Universität in Hamburg kam, war der Sozialökonom bereits einer der wichtigsten und einflussreichsten Vertreter seiner Zunft. Und auch in Hamburg war Heimann prägend, entwickelte sein Programm einer christlich wie marxistisch fundierten ’sozialistischen Marktwirtschaft‘ weiter und war nicht zuletzt Vorgesetzter eines damals noch jungen Soziologen, dem späteren Begründer der Hamburger Politikwissenschaft: Siegfried Landshut. In unserem nächsten Fundstück schauen wir zurück auf die Biographie einer der wichtigsten Vorläufer unseres Faches in Hamburg.


Eduard Heimann wurde 1889 in Berlin geboren. Sein Vater Hugo, seines Zeichens angesehener Verleger und Politiker der SPD, führte ihn früh in die höchsten Zirkel der Sozialdemokratie ein – so waren etwa August Bebel, Karl Kautsky und Clara Zetkin Stammgäste im Hause Heimann.
Und auch in seinem Studium der „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“, das Heimann nach Heidelberg, Wien und schließlich wiederum nach Berlin führte, bewegte er sich im Kreise der wichtigsten marxistischen, bisweilen aber auch  klassischen Ökonomen der Zeit.  1912 wurde er bei Alfred Weber, dem jüngeren Bruder von Max Weber, in Heidelberg promoviert.

Nach seiner Promotion arbeitete Heimann auch während des Weltkriegs in der Privatwirtschaft, nach dem Krieg wurde er wichtiges Mitglied der Sozialisierungskommissionen, die sich für die Vergesellschaftung zentraler Schlüsselindustrien, wie der Montanindustrie, aussprachen. Die Erfahrungen aus dieser praktischen Arbeit als wissenschaftlicher Experte und politischer Berater waren es, die ihn wiederum bewogen, an die Universität zurückzukehren und eine wissenschaftliche Karriere zu verfolgen. 1922 habilitierte er sich in Köln mit einer Auswertung der Kommissionsarbeit, anschließend arbeitete er an der Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg, bis schließlich, 1925, der Ruf an die Hamburgische Universität, auf den Lehrstuhl für Theoretische und praktische Sozialökonomie erfolgte.

In Hamburg festigte Heimann seine Rolle als einer der führenden Experten für National- und Sozialökonomie in der deutschsprachigen Debatte. Immer wieder intervenierte er als respektierte Stimme in die zentralen fachlichen und soziopolitischen Fragen der Zeit.
In seinen Schriften und Vorträgen trat Heimann für einen „dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus ein. Vor allem aufgrund christlicher Einflüsse, die ihn neben der sozialdemokratischen Erziehung geprägt hatten, lehnte er den Rationalismus der beiden Ideologien ab. Stattdessen plädierte Heimann für eine durch weiter expandierende Sozialpolitik eingehegte Marktwirtschaft, eine „sozialistische Marktwirtschaft“, die vor allem aber auch kulturell Gemeinschaft und eine gute Ordnung über einen grassierenden Individualismus bei gleichzeitig gesteigerter Entfremdung setzte.
Klingen hier ideengeschichtliche informierte Kritiken des liberalen Individualismus und Kontraktualismus an, so mag dies kein Zufall gewesen sein, bewegte sich Heimann doch in einem breiten, nicht rein sozialökonomisch geprägten intellektuellen Umfeld. In Hamburg repräsentierte dies in erster Linie Siegfried Landshut. Der Soziologe kam 1927 nach Hamburg und arbeitete sechs Jahre lang eng mit Heimann, als dessen wissenschaflticher Assistent, zusammen.
Landshuts Habilitationsschrift, die später unter dem Titel „Kritik der Soziologie“ erscheinen sollte und in der Landshut sich mit dem philosophischen Spannungsverhältnis von Freiheit und Gleichheit auseinandersetzte, war dann auch Heimann „in Verehrung und Dankbarkeit zugeeignet“.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten bedeutete 1933 auch für Heimann einen existenziellen Einschnitt. Neben seinen jüdischen Wurzeln war dem neuen Regime vor allem auch seine SPD-Mitgliedschaft ein Dorn im Auge. In kürzester Zeit wurde er von seinen Kollegen geächtet und von der Universität entlassen, mit seiner Familie floh er in die USA.
Dort blieb Heimann dreißig Jahre lang, die meiste Zeit davon arbeitete er
an der Graduate Faculty of Political and Social Science der New School for Social Research in New York.

Eduard Heimann bei einer Sitzung an der New School for Social Research in New York – Bildnachweis: UHH/Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte

1963 kehrte Heimann, nachdem er bereits zahlreiche Vortragsreisen und Forschungsaufenthalte in Europa absolviert hatte, nach Hamburg zurück. Noch einmal, bis zu seinem Tod im Jahr 1967, war er als Lehrer und Forscher an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, Mitglied der Universität. Und dabei auch wieder Kollege von Siegfried Landshut, mittlerweile der erste Inhaber eines Lehrstuhls für Politische Wissenschaft in Hamburg.


Text: David Weiß, Redaktion Politik 100×100

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