Menschen mit Behinderung haben es noch immer schwer, einen guten Platz im Erwerbsleben zu finden. Die Erwerbstätigenquote schwerbehinderter Menschen in Hamburg lag 2015 mit 47% deutlich unter der Allgemeinbevölkerung (78,3%). Im Jahr 2020 hat sich die Koalitionsregierung aus SPD und Grünen vorgenommen, mit dem Projekt „Hamburg – Stadt der guten Arbeit“ den Arbeitsmarkt in der Hansestadt arbeitnehmerfreundlicher und fairer zu gestalten. Wurden Menschen mit Behinderung ausreichend in dieses Projekt miteinbezogen und wer setzt sich für ihre Rechte auf dem Hamburger Arbeitsmarkt ein?
Bei der Jahreshauptversammlung des Integrationsamtes sowie der Arbeitsgemeinschaft der Vertrauenspersonen schwerbehinderter Menschen in der Hamburger Wirtschaft (ARGE), welche am 10.06.2022 stattfand, gab es Antworten auf diese Fragen. Neben den Herausforderungen durch die Pandemie sind der Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung, der vor wenigen Monaten vergebene Inklusionspreis sowie die Errungenschaften der ARGE ausgewertet worden. Außerdem sind Ausblicke für die weitere Entwicklungen der Situation für Menschen mit Behinderung auf dem Hamburger Arbeitsmarkt gegeben worden. Bestehende Probleme wie der erschwerte Zugang für Menschen mit Behinderung zum ersten Arbeitsmarkt wurden benannt. Sie wollen von den Zuständigen durch kreative Lösungsansätze in Zukunft bekämpft werden.
Das Vorhaben, Hamburg zur „Stadt der guten Arbeit“ zu machen, bezieht sich auf die UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Diese fordern in Artikel 27 „Arbeit und Beschäftigung“ diskriminierungsfreie, selbstbestimmte, qualifizierte und den Tätigkeiten entsprechend gleich bezahlte Arbeit für Angestellte mit Behinderungen.
Die Hansestadt Hamburg hat sich zur Umsetzung dieser Konvention verpflichtet und hält seit 2012 durch den Landesaktionsplan die dafür vorgesehenen Handlungsansätze fest. Somit ist die Thematik der Inklusion innerhalb der Hamburger Wirtschaft ein eigenes Projekt, welches vom Integrationsamt, dem Senat und der ARGE in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Schwerbehinderten Vertretungen und beratenden Initiativen angegangen wird. Konkret bedeutet das: Einmal jährlich tagt eine Lenkungsgruppe aus Senat und ARGE, welche Aktionen der Aufklärung sowie Beratungen zum Eingliederungsmanagement koordiniert und Coachings und Förderungen für Betriebe plant. Zusätzlich unterstützt die Hansestadt seit Januar 2020 mit Hilfe des Hamburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes (HmbBGG) die Interessen und Forderungen von Menschen mit Behinderung und deren Verbänden.
Zusätzliche ehrt Hamburg inklusive Betriebe durch die Verleihung des Inklusionspreises. Die seit 20 Jahren im zweijährigen Rhythmus verliehene Auszeichnung ehrt Betriebe mit besonderer Inklusionspolitik und soll positive Beispiele setzen, um andere Unternehmen zu inspirieren. In diesem Jahr wurden nicht nur die drei Preisträger geehrt, sondern es wurde zusätzlich ein Innovationspreis an die Firma Workplace Solutions (WPS) für die Erarbeitung einer Gebärdensprachensoftware verliehen. Mit Hilfe der Software „Sign2Mint“ wurde ein digitales Wörterbuch für wissenschaftliche Fachgebärden geschaffen, womit die Kommunikation und Lehre für beide Seiten – hörend sowie gehörlos – erleichtert wird. Das kann zum Abbau von sprachbasierten Hemmschwellen bei der Ausbildung von gehörlosen Menschen in der Wissenschaft beitragen, erläutert der Geschäftsführer von WPS, Dr. Guido Gryczan. Auch die Betriebe, welche nicht zu den benannten Preisträgern gehören, sich allerdings beworben haben, bekommen nach einem Betriebsbesuch durch Mitarbeitende der ARGE rückwirkend für die Teilnahme im Jahr 2021 eine Plakette mit der Aufschrift „Inklusionsbetrieb 2021“. Dies soll weitere Anreize schaffen, Einblicke in die Betriebe ermöglichen und bestehende Probleme aufdecken, um diese lösen zu können, berichtet Jens Nübel, Vorsitzender der ARGE, auf der Jahreshauptversammlung.
Hamburg bietet verschiedene Angebote für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um das Vorhaben eines inklusiven Arbeitsmarktes umzusetzen. Zusätzlich gibt es verschiedene branchenspezifische und teils kostenlose Unterstützungsangebote. Der Hamburger Arbeitsmarkt, vor allem der erste Arbeitsmarkt, ist noch lange nicht diskriminierungsfrei, barrierefrei oder chancengleich. Doch die Verantwortlichen sind zuversichtlich die Inklusion in Hinblick auf den Hamburger Arbeitsmarkt weiter verbessern zu können. Jens Nübel schreibt der Stadt Hamburg im Hinblick auf ihre Inklusionspolitik eine Leuchtturmfunktion für andere deutsche Städte zu.
Hier geht es zu den einleitenden Bemerkungen des Dossiers.